Reise in die Zukunft?
ein Realtime-Mockumentary
Ein Zeitreisender landet nach einem Systemabsturz in voller Weltraum-Montur mitten in Chemnitz. Dort trifft der seltsame Gast mit der technischen Kennung „KM-02“ und einer verblüffenden Ähnlichkeit mit Karl Marx auf Kunst- und Kulturschaffende, die sich für das Kulturhauptstadtjahr starkmachen. Die Space-Odyssee „KOSMOS CHEMNITZ – Reise in die Zukunft?“ erzählt von der jüngeren Vergangenheit und der Metamorphose einer Stadt, die auf dem Weg vom alten Karl-Marx-Stadt in das Chemnitz der Nachwendejahre auch einen „Systemabsturz“ überstehen musste.
Ab sofort in der ARD Mediathek und am 15. Mai, 22.40 Uhr im MDR-Fernsehen.

Mitten in die Vorbereitungen hinein platzt ein Gast, den wirklich niemand in Chemnitz auf dem Zettel hatte. Mit Helm und Weltraum-Anzug steht er plötzlich vorm spacigen Omnibusbahnhof. Eine Fata Morgana, die sich nicht abschütteln lässt.
KARL, technische Kennung KM-02, hat ebenso wie die Stadt einen Systemabsturz überstanden. Irritiert von der Art der Landung und dem, was ihn in Chemnitz erwartet, macht er sich auf die Suche nach dem nächsten Weltraumbahnhof und entdeckt – wider Willen – eine Stadt voller Widersprüche, Brüche und Überraschungen.
Dass die Stadt 1964 auserkoren wurde, Sitz eines Kosmonauten-Zentrums zu sein, öffnet KM-02 viele Türen. Zumal, diese historische Stätte, in der Zehntausende Pioniere ihren Kosmonauten-Befähigung unter Beweis stellten, noch in Betrieb sein soll.
Auf dem Weg dahin, landet er in Garagenhöfen, einem Eissportzentrum und nahezu unvermeidlich am Karl-Marx-Monument. KM-02 weist unverkennbar Ähnlichkeiten mit diesem Wahrzeichen der Stadt auf und ist alles andere als angetan von diesem riesigen „Nischel“ in Bronze.



Dass er dennoch andockt an diese einst „Karl-Marx-Stadt“ getaufte sächsische Industriemetropole liegt vor allem an denen, die ihn hier mit offenen Armen empfangen. Menschen, die auch maßgeblich dafür gesorgt haben, dass die Chemnitzer Bewerbung zur Kulturhauptstadt erfolgreich war.
Darunter Joerg Fieback, dessen Werbeagentur Zebra die umjubelte Bewerbungsmappe (das Bid Book) kreierte. Oder den Initiator des European Peace Ride, Kai Winkler, der das große seit 2005 versunkene Erbe der Friedensfahrt wiederentdeckte und gleichzeitig etwas ganz Neues schuf.

KARLS Reise führt von der 35 Meter hohen Raketenspitze im Chemnitzer Küchwald aber auch bis tief unter die Erde zur „Bazillenröhre“, in der Kraftklub einst ihr phänomenales Musikvideo „Schüsse in die Luft“ drehten. Und überhaupt nimmt der Pop-Kultur-Kosmos Chemnitz bei dieser Space Odyssee der besonderen Art eine immer wichtigere Rolle ein.
Zwangsläufig. Denn nur dank dieser quirligen und politisch hellwachen Kultur-Szene gelang es dem jüngsten, weltweit beachteten Tiefpunkt der Stadtgeschichte, der mehrtägigen feindlichen Übernahme des Zentrums durch Tausende Rechtsradikale, etwas entgegen zu setzen.
Das Festival „Wir sind Mehr“, mit 65.000 Menschen, war die bestmögliche demokratische Antwort und Geburtsstunde eines bis zum heutigen Tag kultur- und stadtpolitisch prägenden Events: des Kosmos-Festivals.
Wie es dazu kam, welche Rolle die Bands, Kulturinstitutionen und Clubs der Stadt dabei spielten, das erfährt KM-02 von einigen Protagonstinnen wie der ehem. Kosmos-Festivalleiterin Julia Voigt oder von der aufregendsten Newcomer-Band der Stadt, Power Plush. Groß geworden im legendären Club Atomino führen sie heute, die dort geschaffene Chemnitzer Tradition der experimentellen Traum- und Musik-Kosmos-Reisen (AG Geige) fort.
Dieser Do-it-Yourself-Modus der Freien Szene, ihre teils spielerisch-anarchische Energie und gewaltige Transformationskraft sind es auch, die Kosmonaut Karl mehr und mehr in den Bann ziehen. Und langsam neue Bodenhaftung verleihen. Genug, um am Ende ein Experiment zu wagen.